Helmut Schmidt/Giovanni di Lorenzo, Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Schmidt/di Lorenzo, Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt
Schmidt/di Lorenzo, Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-04065-4

Gespräche mit Elder Statesman Helmut Schmidt, Publizist und Politiker

„Ich könnte morgen mit dem Rauchen aufhören, aber es ist ja nicht notwendig. Weder gesundheitlich noch seelisch noch philosophisch.“

Seit eineinhalb Jahren bittet Giovanni di Lorenzo den Altbundeskanzler einmal wöchentlich in die Redaktionsräume der „Zeit“, um mit Helmut Schmidt „auf eine Zigarette“ Wortgefechte zu betreiben, ein wenig zu provozieren oder zurechtzuweisen, ein bisschen zurückzuschauen, anzusehen und zu analysieren. Di Lorenzo hat diese Art Interviews auf die letzte Seite der „Zeit“ gestellt und begeisterte damit von Mal zu Mal immer mehr Leser, bis dann die Idee entstand, daraus ein Buch werden zu lassen. Die Gespräche sind unterschiedlich lang, können zehn Minuten dauern, manchmal sogar eine Stunde. Beginnen auch alle Treffen immer mit „Lieber Herr Schmidt“, so sind die Inhalte immer neu, mal ganz privat, politisch oder wirtschaftsbezogen. Natürlich konnte di Lorenzo es sich nicht verkneifen, das Raucherthema auf den Tisch zu bringen: „Nun steht Ihr schöner Satz im Raum: Ich lasse mir von niemandem das Rauchen verbieten.“ – „Das bleibt auch so.“ und ein paar Zeilen weiter: „Geht es Ihnen schlecht, wenn Sie nicht rauchen?“ – „Nein, wenn ich es für notwendig hielte, könnte ich morgen aufhören.“ – „Das sagen alle Süchtigen.“ – „Ich könnte das, aber es ist ja nicht notwendig. Weder gesundheitlich noch seelisch noch philosophisch.“ So ganz nebenbei erfährt der Leser eine ganze Menge nicht nur über den Hanseaten mit seinem zivilen Ungehorsam, sondern auch über kleinere und größere Ereignisse in unserem Land. Schmidt ist nicht nur der bekannteste Raucher der Republik, er leistet sich ganz furchtlos eine Meinung, bisweilen knapp oder rücksichtslos vorgetragen, meistens aber mit hanseatischem, leicht unterkühltem Charme. Unkapriziös in seinen Aussagen, ohne falsche Emotionen „Und Ihre Frau hat mir erzählt, dass Franz Josef Strauß sie am Po betatscht hat.“ – „Ich war nicht dabei. Aber wenn sie es sagt, wird es stimmen.“ Helmut Schmidt, wie er ist, höchst glaubwürdig und geachtet, seine Bewunderer begeistert er ohnehin - mancher kann viel aus den schönsten Gesprächen zwischen di Lorenzo und ihm mitnehmen, denn seine politischen Urteile und historischen Erfahrungen sind gewichtig und gefragt.

Helmut Schmidt, geboren 1918 in Hamburg, war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler der BRD und ist seit 1983 Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Giovanni di Lorenzo, 1959 in Stockholm geboren, wurde 2004 zum Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“ berufen.

Inga Renneberg

 

Rezension, Archiv Gießener Allgemeine Zeitung